oder: des Einen Freud, des Anderen Leid......

Der fast legendäre Straßenparcours des Wendelinusparks im saarländischen St. Wendel gehört seit langem zum festen Bestandteil der Internationalen Deutschen Supermoto-Meisterschaft, und auch in diesem Jahr zogen die Aussicht auf spannende Rennen und atemberaubende Akrobatik auf ( maximal) zwei Rädern das motorsportbegeisterte Publikum in St. Wendel wieder in Mengen an die Rennstrecke.

Das schöne frühsommerliche Wetter tat ein Übriges, sodass am letzten Maiwochenende summa summarum knapp 7.000 gutgelaunte Zuschauer die Ränge säumten um Trainings und Rennen zu verfolgen und ihren Favoriten zuzujubeln.
Entsprechend motiviert gingen die Fahrer auf die Strecke und gaben ihr Bestes, um den Gästen zum einen eine großartige Show zu bieten, und zum anderen dabei möglichst viele Punkte auf dem Weg zum Meistertitel einzuheimsen.
Die Höhepunkte des Wochenendes waren dabei natürlich die Rennen der Königsklasse S1, die in diesem Jahr durch die Zusammenlegung der Klassen gleich mit einer ganzen Reihe von Elitefahrern aufwartet, von denen sich bislang noch jeder einzelne berechtigte Hoffnungen auf den begehrten Meistertitel machen kann.
Nach einer überragenden Saison 2014 sowie dem Auftaktwochenende in Harsewinkel galt Zweitaktvirtuose Markus Class vielen als Favorit für diese Saison, aber nachdem im Supermoto neben Schnelligkeit, Geschick, Mut zum kalkulierten Risiko und erstklassigem Material aber auch eine gehörige Portion Glück zum Erfolg führt, ist derzeit noch fast alles möglich. Mit Lukas Höllbacher, der in diesem Jahr ebenfalls mit einem Husqvarna-Zweitakter aus der Schmiede von Jochen Jasinski startet und wie Markus von den Michelin Reifenwerken unterstützt wird, hat Markus zudem Konkurrenz aus dem eigenen Stall bekommen, und neben dem Umstand, dass auch Lukas ein extrem starker Fahrer ist, darf der psychologische Aspekt bei dieser Konstellation nicht außer Acht gelassen werden.
Neben den beiden Zweitaktpiloten ist ganz sicher mit DSR-Suzuki-Pilot André Plogmann zu rechnen, der in der bisherigen Saison mit konstant guter Leistung überzeugt hat, und auch Petr Vorlicek sollte bei der Jagd nach dem Titel auf dem Schirm bleiben.
Zu knapp liegen die bisher gezeigten Leistungen der Spitzenfahrer beieinander, als dass ein klarer Dominator für die Saison 2015 ausgemacht werden könnte, und wer über die Saison den kühleren Kopf bewahrt, könnte letztlich entscheidend sein für die Frage, wer am Ende auf dem Treppchen ganz oben steht.
Wie schnell sich das Blatt wenden kann, zeigte das zweite Rennwochenende der diesjährigen Supermoto IDM mit beklemmender Deutlichkeit.

Schon beim Zeittraining der S1 lief Lukas Höllbacher dem in der letzten Saison konkurrenzlos auf dem 2-Takter fahrenden Markus Class den Rang ab. Auch wenn er sich ein besseres Ergebnis erhofft hatte, war er zu diesem Zeitpunkt noch optimistisch: „Das Zeittraining lief nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Lukas und André waren ein bisschen schneller als ich und zum Schluss bin ich auch noch gestürzt; aber es ist ja noch nichts verloren. Auf Startplatz 3 steh´ ich ja auch weiter innen, das ist vielleicht gar nicht soooo schlecht. Klar ist es für die Motivation immer besser, wenn du in der Quali schneller warst, als die anderen, aber wenn mir ein guter Start gelingt, dann sollte es schon funktionieren“.
Höllbacher sicherte sich die Pole vor André Plogmann, Markus Class und Petr Vorlicek.
Leider gelang der Start des ersten Rennens für Markus Class dann nicht optimal. Lukas Höllbacher konnte die Pole behaupten und ging vor Plogmann, Volz, der von Pos. 5 gestartet war, und Class in die erste Kurve.
Class arbeitete sich allerdings Runde für Runde bis an die Spitze des Fahrerfeldes vor, wo er sich in der Folge mit Lukas Höllbacher einen erbitterten Kampf um Positionen lieferte und das Publikum auf allerhöchstem Niveau unterhielt.
André Plogmann folgte mit etwas Abstand, erarbeitete sich über die Renndistanz jedoch einen komfortablen Abstand zu Markus Volz auf der vierten Position, der seinerseits –ebenfalls mit Abstand- von Petr Vorlicek verfolgt wurde. Dahinter begeisterte Dirk Spaniol, der nach einem verpatzten Zeittraining von Platz 14 gestartet war, sich aber nach einem grandiosen Start auf Platz 5 des Fahrerfeldes wiederfand, lediglich einen Platz an seinen Freund und Teamkollegen Petr abgab und den 6ten Platz nach Hause fuhr, das heimische Publikum.
In der vorletzten Runde übernahm Höllbacher nach einem gekonnten Manöver erneut die Spitze, und ging als Sieger des 1 Laufs vor Class, Plogmann und Volz durchs Ziel. Petr Vorlicek wurde Fünfter, Dirk Spaniol passierte die schwarz-weisse Flagge sensationell auf dem sechsten Platz.
„Die Strecke liegt mir total: bei 5 Teilnahmen habe ich 4 x die Pole Position geholt, und war auch bei den Rennen immer sehr schnell. Das Rennen jetzt mit Markus war ein Traum; hart aber fair. Wir hatten beide Spaß, und für die Zuschauer wars´natürlich ein Wahnsinn! Zu Beginn hat Markus mich im Off Road auf der Außenlinie bekommen. Wir sind da zusammen in den Innenanlieger rein, ich bin dann über den Außenanlieger rausgesprungen, und da konnten Markus und André eben vorbei. André hab ich dann auf der Geraden auf der Bremse überholt, das war super!, und Markus habe ich am Off Road-Ausgang erwischt: da hab ich die Kurve eng genommen und bin ihm dann innen reingestochen.
Der erste Platz ist super, das Publikum ist toll, die Stimmung auch; einfach mega alles“ war Lukas Höllbachers Kommentar nach dem Rennen.
Und auch wenn es Spaß gemacht hat, war Markus Class die Enttäuschung doch anzusehen: „Der Start war nicht berauschend, da habe ich sogar noch einen Platz verloren, konnte aber dafür im Off-Road Stück für Stück aufholen und die Führung übernehmen. Zum Schluss habe ich dann einen kleinen Fehler gemacht, und musste Lukas wieder vorbeilassen. Der zweite Platz ist jetzt nicht schlecht, aber es hätte besser laufen können.“
Kurz und sachlich das Statement von André Plogmann: „War gut. Die Zweitakter, wie immer, sauschnell, aber ein Stück konnte ich diesmal wenigstens mithalten. War ein sicherer dritter Platz. Langweilig, aber sicher“.
Während der zweite Lauf für André dann weit weniger langweilig verlief, endete er für den bis dahin meisterschaftsführenden Markus Class im Desaster.
Im Getümmel der ersten Kurve nach dem Start stürzte Markus und musste, nachdem es ihm erst nach einigen Anläufen gelang, sein Bike wieder in die Gänge zu bekommen, dem Fahrerfeld als Letzter hinterherhecheln.
Lukas Höllbacher gelang es auch im zweiten Lauf, seine Pole in die Führung zu verwandeln. Markus Volz folgte nach einem erstklassigen Start auf der zweiten Position vor André Plogmann. Während Höllbacher sich relativ schnell absetzte und das Rennen konkurrenzlos zu Ende brachte, hielt sich Plogmann über die nun folgenden Runden in Volz´ Windschatten und setzte ihm hart zu. Trotz erbitterter Gegenwehr gelang es Volz nicht, seinen lästigen Verfolger abzuschütteln. In der letzten Runden schließlich musste er zähneknirschend seinen zweiten Platz opfern, Plogmann passieren lassen und sich selber mit dem dritten Podiumsplatz zufrieden geben. Seine Freude über das Gesamtergebnis trübte das aber nur geringfügig: „Aus meiner Sicht war das ein sehr gutes Rennen. Eigentlich war der Rennverlauf perfekt. Naja, bis auf die letzten vier- fünfhundert Meter eben..... Keine Ahnung, was da passiert ist: in jeder Runde bin ich im Off-Road die gleiche Spur gefahren, in jeder Runde habe ich die Spur perfekt getroffen, in der letzten Runde habe ich statt dessen irgendwie einen Stein getroffen oder so, das Vorderrad blockiert und schlägt mir vor dem ersten Anlieger quer, ich fahr über den ersten Anlieger hinaus, hatte dabei noch Glück, dass ich den zweiten sozusagen als Bande nutzen konnte, und habe als Ergebnis jetzt einen glücklichen dritten Platz. Darüber habe ich mich auch gut geärgert, weil der zweite definitiv möglich gewesen wäre. Aber, was soll´s: der dritte Platz ist sehr, sehr gut. Ich hatte mir für dieses Wochenende einen Podiumsplatz vorgenommen, das ist mir gelungen, und deshalb: ich bin happy, alles gut.“
„Hab ich ja schon gesagt: erster Lauf war langweilig aber sicher, aber jetzt das Rennen mit Markus, das hat schon richtig Spaß gemacht. Ich hab´ordentlich Druck aufgebaut, bis Markus im Off-Road am ersten Anlieger einen kleinen Fahrfehler gemacht hatte. Was genau passiert ist, weiß ich nicht, jedenfalls ist er über den Anlieger gerutscht, und da war ich natürlich sofort vorbei und hab mich danach breit gemacht. Supergeiles Wochenende, was soll ich sonst noch dazu sagen?" fragte sich Andre in das Mikrofon hinein.
Diese Frage stellte sich für Lukas Höllbacher nicht: „Das war ein perfektes Wochenende. Wetter war spitze, die Zuschauer sind hier einfach genial, es hat richtig Spaß gemacht. Der Fight mit Markus im ersten Rennen war super, so schade, dass er im zweiten Rennen nicht dabei war, das wäre genauso spannend geworden. Wir haben auf der Strecke hier den gleichen Speed gehabt, und wer weiß, wie´s dann ausgegangen wäre. Schaun wir mal, wie es weitergeht. Momentan fühle ich mich ziemlich wohl auf dem Zweitakter, wobei es zeitlich manchmal ein bisschen schwierig ist, zwischen Zweitakter und Viertakter zu trennen, den ich in der WM fahre. Nächstes Wochenende ist schon wieder WM, da fahren wir am Mittwoch schon los, Donnerstag trainieren, Freitag schrauben, dann die Rennen, das ist schon ziemlich stressig und es macht ja auch Spaß, weil wir im Moment sehr erfolgreich sind, aber ich freue mich auch auf eine kleine Pause, damit ich mal wieder ein bisschen runterkomme. Für mich hätte dieses Wochenende jedenfalls nicht besser laufen können.“
Trotz eines bescheidenen 13. Platzes im zweiten Rennen war auch Dirk Spaniol unterm Strich zufrieden mit dem Gesamtergebnis: „Das war ein ziemlich hartes Wochenende. Ging gestern schon beim ersten freien Training los, da wollte ich eigentlich nur den Motor einfahren, und bin mit nem richtig alten Reifen los. Mitte des Trainings dachte ich dann, ach Lokamatador komm, kannst auch ein bisschen schneller fahren, aber mir ist dann das Vorderrad weggerutscht, und da war dann nicht nur der Auspuff total zerstört, sondern auch die Moral am Boden. Das zweite Training lief dann schon besser, aber total steif und wenn man´s mit Gewalt will, geht dann auch gleich gar nichts. Danach kommt ja dann auch schon das Zeittraining, und das Ergebnis war der 14. Startplatz. Im Rennen musste ich dann das Beste draus machen, im ersten gab´s dann eine Lücke, durch die ich außen vorbei konnte, dann nochmal außen vorbei, wo ich mir dachte: „wenn ihr alle innen stehen bleibt, gehe ich eben außen rum, mir egal“, und war dann am Ende Fünfter und hatte den Petr direkt hinter mir, was aber sehr gut war, weil ich ihn direkt in der ersten Runde im Off-Road vorbeilassen und mich dann von ihm ziehen lassen konnte. Der ist einfach viel schneller als ich, aber so habe ich von Anfang an einen sehr guten Rhythmus gefunden, sodass ich mein Tempo recht lange halten konnte. Irgendwann wurde ich zwar dann etwas müder, habe aber gemerkt, dass hinter mir welche dran sind, die aber nicht soooo viel schneller waren, dass das in einer Durchreicherei nach hinten enden konnte. Nachdem es dann auch nur noch 3, max. 4 Runden bis Rennende war, konnte ich mit meinem Tempo haushalten, sodass es für den sechsten Platz gereicht hat. Die ersten 10 hatte ich mir vorgenommen, dass es Platz 6 werden würde, damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. Im zweiten Rennen musste ich den Crash in der ersten Kurve umfahren, fiel etwas zurück, und konnte letztlich nur eine Position gutmachen. Aber das kann ich nach dem Ergebnis des ersten Rennens gut verschmerzen.“
Im Gegensatz zu Dirks Rennverlauf war das zweite Rennen für einen weiteren DSR-Fahrer versöhnlich. Beim Saisonauftakt in Harsewinkel und auch bei dem ersten Rennen in St. Erfolg für Wendel konnte Michi Herrmann sein wahres fahrerische Können nicht wirklich auf den Asphalt bringen. Dies war jedoch im zweiten Rennen vergessen, Michi blühte sichtlich auf und wurde schlussendlich mit dem zwar ein wenig undankbaren, aber dennoch verdienten vierten Platz belohnt.
Für Manuel Hagleitner verlief das Wochenende mit einem 17. Platz im ersten und dem 8. Platz im zweiten Rennen alles andere als perfekt: „Im ersten Lauf bin ich dreimal gestürzt. Beim ersten Sturz bin ich im Off-Road über den Anlieger hinaus, mir hat´s den Lenker in die Brust geschlagen und mir blieb erstmal die Luft weg. Danach dann noch zweimal, und der zweite Lauf war danach sowieso nur noch Sparflamme. Abhaken.“
Das deprimierendste Ergebnis nahm zweifellos Markus Class mit nach Hause: ein unglücklicher zweiter Platz im ersten Rennen, der 15. Platz, und damit einhergehend der Verlust der Meisterschaftsführung, im zweiten Rennen. Folgerichtig kommentiert er das Wochenende kurz und knapp: „S......“.
Nach zwei Renntagen führt Lukas Höllbacher die Gesamtwertung mit 88 Punkten vor Markus Class und André Plogman mit jeweils 82 Punkten an.
Wie eingangs bereits gesagt: noch ist alles möglich, und wie es in der Supermoto IDM weitergeht, wird sich am 20.06.2015 und 21.06.2015 auf dem geschichtsträchtigen Flugplatz in Großenhain zeigen. Bis dahin...
 
 
 
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