Waterworld Großenhain
Die überaus spannende Supermotosaison 2010 sollte eigentlich am Wochenende 25. – 26.09.2010 mit dem großen Finale in Großenhain ihren Abschluss finden.
Viele werden sich erinnern, dass die IDM bereits im Juni auf dem alten Flugplatz in Großenhain zu Gast sein sollte. Ein Tornado hatte im Vorfeld allerdings schwere Verwüstungen in und um Großenhain verursacht und diese Pläne zunichte gemacht. Der MSC Harsewinkel, der ursprünglich als Ausrichter des Finales vorgesehen war, hat das Finale kooperativ an die Großenhainer abgetreten. Der MC Großenhain hatte dementsprechend keine Mühen gescheut, das Finale für Fahrer, Helfer und Zuschauer zu einem großartigen Ereignis werden zu lassen.
Das es dann so komplett buchstäblich `ins Wasser´ fallen sollte, damit hat wohl keiner der Beteiligten im Vorfeld gerechnet.
Schon der Samstagmorgen lugte nur mühsam unter einer dichten Wolkendecke, die zwar sparsam aber beständig nieselnden Regen abgab, hervor. Diese Grau-in-Grau-Stimmung gab dem ohnehin recht militärisch wirkenden Gesamteindruck des noch aus dem Ersten Weltkrieg stammenden Flugplatzes einen zusätzlich düsteren Anstrich. Gegen Mittag hatte es sich dann gründlich eingeregnet, auf den Fahrbahnplatten und den teilweise tiefen Rillen dazwischen sammelte sich Wasser und auf den ohnehin selbst für einen Samstag nur spärlich besetzten Zuschauerrängen wurden nicht nur vereinzelt Regenschirme gezückt.
Zu Beginn des Qualifyings konnte der Off-Road Bereich schon als nur noch bedingt befahrbar bezeichnet werden, musste aber trotzdem gefahren werden, da eine Änderung der Strecke nur mit Hilfe aufwändiger Umbauarbeiten zu bewerkstelligen gewesen wäre.
Die Zeitnahme brachte dann auch einige Überraschungen: so sicherte sich Mauno Hermunen in der S1 ungewohnt knapp vor Petr Vorlicek die Pole (wobei man sich zum Teil des Eindrucks nicht erwähren konnte, dass Mauno als Pacemaker für Petr fungiert hat, fuhr Petr doch in ungewohnter Manier mehrere Runden im Windschatten von Mauno). Petr ließ sich jedenfalls vom schlechten Wetter nicht die gute Laune verhageln: „In diesem Jahr hatten wir bisher in der IDM Glück mit dem Wetter. Dies ist die erste Veranstaltung, bei der es so konstant über den ganzen Tag regnet, deshalb finde ich es gar nicht so schlimm. Es scheint so, als ob solche Wetterverhältnisse mir sogar entgegenkommen. Bereits in Schaafheim, wo die Strecke zumindest nass war, konnte ich ja schon zwei Podestplätze herausfahren. Die Strecke macht Spaß, und ich hoffe, dass ich morgen bei den Rennen ein ähnlich gutes Ergebnis einfahre und somit auch die Entscheidung um den zweiten Platz noch spannend gestalten kann“.
Markus Volz auf der 3. Position und Markus Class vervollständigten die erste Startreihe. Lokalmatador Jürgen Künzel eröffnete die zweite Startreihe: „Wir hatten für das Zeittraining eine kürzere Übersetzung gewählt. Für diese wurde es aber zu schmierig auf der Strecke. Immer wenn ich aus der Kurve heraus Gas gegeben habe, schmierte der Reifen ab. Wenn ich ehrlich bin, hat mir dies ein wenig den Schneid abgekauft. Zu allem Verdruss habe ich mir dann auch noch einen Plattfuss eingefahren. Dennoch bin ich nicht unzufrieden mit dem fünften Startplatz. Hier auf meiner Heimstrecke gibt es genügend Überholmöglichkeiten, sodass ich mit Zuversicht auf die morgigen Rennen blicke“
Michi Herrmann, der in Freiburg in der Klasse S2 sowohl Quali als auch Rennen mit deutlichem Vorsprung für sich entscheiden konnte, musste sich mit der 4. Position zufrieden geben. „ Mit dem Off-Road, insbesondere mit den Absprüngen konnte ich mich diesmal nicht wirklich anfreunden. Ebenfalls nicht förderlich: Wir haben das Qualifying mit sehr wenig Luft in den Tubeless gefahren. Das viele Wasser hat daher wohl zwischen Felge und Reifen einen Film gebildet, der die Haftung in einigen Situationen unterbrochen hat. Anstelle von Grip auf dem Boden aufzubauen, drehte zeitweise die Felge auf dem Reifen durch. Ein Sturz auf dem Weg zu der Sprungkombination war zu guter Letzt einer besseren Platzierung wohl auch eher abträglich“. (Erst in Schaafheim die unbeherrschbare Unwucht und jetzt der Wasserfilm; das Hinterrad hatte in der Saison so einige „Kuriositäten“ für ihn vorgehalten, zumindest jedoch technische Schwierigkeiten der nicht alltäglichen Art.)
Für eine Überraschung sorgte Nico Joannidis, der zum ersten Mal die Pole für sich beanspruchen konnte, vor Jochen Jasinski. Die dritte Position ging an Dirk Spaniol, der in der Kurve vor dem Off-Road einen geradezu spektakulären Abflug hinlegte, der bei den Zuschauern zu kollektivem Aufraunen führte. Nachdem er dann eine zeitlang nicht mehr zu sehen war, geschweige denn aufstand, machte sich eine gewisse Nervosität auch bei Tommy `The Voice´ Deitenbach breit. Entwarnung gab er dann schließlich mit den Worten: „doch da, da bewegt sich was im Stroh“.
Nachdem Dirk seinen Helm gerade gerückt hatte, konnte er die Qualifikation –obwohl Anfangs sichtlich angeschlagen- aber beenden und seinen Platz in der ersten Reihe verteidigen. „Genau weiß ich nicht, wie es passiert ist. Ich nahm gerade das Gas weg und wollte anbremsen. Dazu kam ich aber nicht mehr und fand mich danach irgendwo zwischen Stroh und Zaun wieder. Am Anfang wusste ich nicht wo oben oder unten war. Neben ein paar blauen Flecken hab ich wohl ne kleine Gehirnerschütterung, wobei sich das klein auf Erschütterung bezieht“ konnte Dirk nachher schon wieder schmunzelnd von sich geben.
Überhaupt führten die schlechten Streckenbedingungen in Kombination mit stark eingeschränkter Sicht zu einigen heftigen Stürzen, die aber zum Glück alle relativ glimpflich verliefen. Lediglich C2 Fahrer Ronny Liening hatte das Glück im Unglück nicht auf seiner Seite und musste wegen eines komplizierten Unterschenkelbruchs per Rettungshubschrauber in die nächste Klinik geflogen werden. Von hier aus gute Besserung.
Die nachfolgenden Rennen konnten deshalb zwangsläufig nur mit erheblicher Verspätung beginnen. Regen und einsetzende Dämmerung führten schließlich dazu, dass das erste C 1 Pokalrennen aufgrund der miserablen Bedingungen etwa zwei Minuten vor dem offiziellen Ende abgebrochen werden musste und das letzte Rennen des Tages -C 2- in der Hoffnung auf besseres Wetter auf den Sonntag verschoben wurde.
Wer sich dieser Hoffnung hingegeben hatte, wurde am Sonntag früh bitter enttäuscht: der Regen hatte über Nacht weder nachgelassen noch war überhaupt ein Ende in Sicht. Der Off-Road hatte sich in eine schlammige, definitiv nicht mehr befahrbare Rutschpartie verwandelt, auf den Fahrbahnplatten hatten sich insbesondere in den Anbremszonen tiefe Pfützen gebildet.
Den ganzen Morgen war noch kein einziges Moped in Richtung Strecke zum freien Training bewegt worden, dafür waren bereits umfangreiche Diskussionen im Gange, wie es mit dem Zeitplan weitergehen sollte. Schnell war man sich einig, dass die Strecke selbst ohne Off-Road für einige Fahrer nicht sicher sein würde. Falls also Rennen stattfinden sollten, dann nur die der S2 und S1 und ganz zweifellos ohne Off-Road.
Der notwendige Umbau der Strecke wäre vom Veranstalter relativ kurzfristig zu bewerkstelligen gewesen, allerdings wäre selbst dann nicht absehbar gewesen, wie risikoreich die Strecke aufgrund des darauf stehenden Wassers tatsächlich gewesen wäre. Nachdem es nach wie vor regnete, und deshalb eher mit einer Verschlechterung der Streckenverhältnisse zu rechnen war, entschloss sich der Rennleiter Heiko Junge schließlich in Absprache mit den Fahrern zum Abbruch der Veranstaltung. Die Sicherheit der Fahrer konnte nicht zweifelsfrei gewährleistet werden.
Dirk Spaniol, der Fahrersprecher der S-Klasse: „Der Veranstalter hat alles versucht, die Rennen durchzuführen. Morgens wurde in Zusammenarbeit mit einigen Fahrern eine neue Streckenführung festgelegt, die zwar befahrbar, aber leider nicht unbedingt für alle Fahrer sicher gewesen wäre. Das Hauptproblem waren einige Belagplatten, insbesondere in den Anbremszonen. Hier waren Wasserpfützen bis zu 10 cm Tiefe. Rennleiter Heiko Junge sagte die Veranstaltung schließlich aufgrund von Sicherheitsbedenken ab, was wahrscheinlich eine vernünftige Entscheidung war“.
Da die Veranstaltung in Großenhain das Finale sein sollte, und es für einige Fahrer noch um Punkte und Plätze in der Gesamtwertung gegangen wäre, war diese Entscheidung sicher für den ein oder anderen Fahrer eine bittere Pille, auch wenn die noch ausstehenden Läufe für die Vergabe der meisten Titel höchstwahrscheinlich keine Rolle gespielt hätten.
Michi Herrmann, der neue Deutsche Meister der S2: “Schade, dass solches bei den finalen Läufen geschehen ist. Ich hätte meinen Meistertitel lieber beim Passieren der Ziellinie eingefahren, statt sang- und klanglos aufgrund der Punkte. Trotzdem geht Sicherheit vor und ich freue mich mit dem gesamten Zupin Team, dass ich neben Mauno Hermunen in der S1 den Titel in der S2 gewonnen habe“.
Ähnlich sah es Jürgen Künzel, nunmehr Vizemeister der S1: „Ich hätte gerne noch das letzte Rennen gegen meinen Konkurrenten um den 2ten Platz, Petr Vorlicek, gefahren. Der MC Großenhain hat alles versucht um die Rennen durchzuführen. Schon allein dafür gilt mein Dank dem MC. Aber es ist, wie es ist, deshalb freue ich mich mit meinem Team Grebenstein über den Vize und diese Platzierung macht zuversichtlich für die neue Saison“.
Jede Medaille hat zwei Seiten, und so blieb auch in Großenhain die Stimmung bei den Fahrern nicht lange gedrückt. Die eigentlich für abends eingeplante Ehrung der Gesamtsieger mit anschließender Meisterfeier wurde schon um 14:00 Uhr eingeläutet, und die frischgebackenen Meister der Saison 2010 ließen es anschließend so richtig krachen. Michi Herrmann legte vor lauter Freude zum Erstaunen Vieler im Zelt sogar einen Indoor-Burnout auf die Bretter.
Den MC Großenhain allerdings trifft die Rennabsage hart: zusätzlich zu den Schäden durch den Tornado sowie der darauffolgenden Rennabsage im Juni muss nun zusätzlich der finanzielle Verlust aus der weiteren Wetterkapriole gestemmt werden. Die IDM hatte in den vergangenen Jahren immer mehrere Tausend Zuschauer auf den alten Flugplatz gelockt, durch die eine solche Veranstaltung letztlich erst finanzierbar wird. Diese fest eingeplanten Einnahmen blieben nun komplett aus.
Als kleines Trostpflaster verzichtete der ADAC auf die geplante Kür des besten Veranstalters des Jahres und überreichte den Scheck statt dessen Heiko Arndt, dem Vorsitzenden des MC Großenhain, und auch der Erlös aus dem Verkauf eines von den für Deutschland am Cup of Nations teilnehmenden Fahrern unterschriebenen Helms kommt dem Verein zu Gute. Da nur ein C1 Pokal überreicht wurde, die übrigen jedoch nicht im nächsten Jahr verwendet werden können, stehen die aus gebürstetem Metall bestehenden Pokale nun zum Verkauf an. Weiter aufgewertet wurden sie durch Michi Herrmann und Mauno Hermunen, die sie jeweils signierten. Der Erlös geht ebenfalls an den gebeutelten MC Großenhain (Näheres siehe hier: www.mc-grossenhain.de/modules.php?name=News&file=article&sid=18 )
Trotz allem schaut Heiko Arndt wohl mit ein wenig Zuversicht in die Zukunft: Großenhain steht auch fürs nächste Jahr auf der Ausrichterliste. Landläufig sagt man zwar „Aller „guten“ Dinge sind Drei“, aber in diesem Falle drücke ich alle Daumen, dass diese geflügelten Worte auf den MC Großenhain nicht zutreffen werden.
So, nun Schluss der vielen Worte. Wer sich jetzt noch ein paar Bilder von dem verregneten Wochenende anschauen möchte, der ist HIER richtig.
Gesamtstände
S1
Endstand nach 12 von 12 Rennen
1. Hermunen 300 Punkte. 2. Künzel 231. 3. Vorlicek 209. 4. Volz 194. 5. Becher 183. 6. Götz 168. 7. Näpflin 154. 8. Kingelin 129. 9. Gaillard 120. 10. Hiemer 115. 11. Class 114. 12. Janousek 113. 13. Mikkelsen 82. 14. Flockerzie 57. 15. Bauerschmidt 30.
S2
Endstand nach 12 von 12 Rennen
1. Herrmann 291 Punkte. 2. Jasinski 249. 3. Joannidis 211. 4. Spaniol 203. 5. Mikkelsen 148. 6. Eriksson 143. 7. Deitenbach 141. 8. Krettek 128. 9. Riedl 126. 10. Hagemann 118. 11. Huber 111. 12. Wolf 101. 13. Wagner 90. 14. Tänzer 89. 15. Bauer 73.
Viel Spaß beim Lesen über das Finale der Supermoto DM sowie IDM in Großenhain wünscht: RD Foto: Fotos und Mehr.........., Alles um Motorräder, speziell Supermoto, Supermotard, MotoCross und Superbike