oder

 Lazaretto Supermoto Stendalo

 Der vierte von sieben Renntagen der Supermoto IDM 2012 fand am Wochenende 30.06.2012 und 01.07.2012 auf dem Flugplatz in Stendal Borstel statt und wird bei vielen Fahrern und Teams in Erinnerung bleiben, wenn auch nicht immer in angenehmer.

Dabei hatte am Samstag eigentlich alles ganz positiv begonnen.

Obwohl der Wetterbericht für das Wochenende Gewitter und Regen vorhergesagt hatte, strahlte am Samstag die Sonne vom Himmel. Das brachte allerdings nicht nur sommerliche Temperaturen und drückende Schwüle mit sich, sondern auch kleine fliegende schwarze Ungetüme, die sich offensichtlich vom Lärm der Flugstrecke in ihrem wohlverdienten Wochenende zu Hause im Heuballen gestört fühlten, und sich aus Rache über die entlang der Rennstrecke schwitzenden Zuschauer hermachten, und sie mit juckenden Pieksern übersäten.
So rechter Neid auf die in ihren kuscheligen Lederkombis gegen solche Attacken gut geschützten Fahrer mochte aber angesichts des Tropenhausklimas trotzdem nicht aufkommen. Hitze ist allerdings immer relativ, und so ließ es sich denn der `ein oder andere Fahrer´ nicht nehmen, zwischen den Trainings den Helm gegen eine Wollmütze auszutauchen. Nun ja.
Der Flugplatz in Borstel bietet mit langen Geraden, weiten und schnelle Kurven sowie einem großzügigen Off Road verschwenderische Gelegenheit für spannende Duelle und nervkitzelnde Überholmanöver. Es stand also zu vermuten, dass sämtliche Piloten diesen Umstand nutzen würden, um sich in Stendal die beste Ausgangsposition für das kommende Halbfinale zu sichern, obwohl einige Fahrer durchaus mit einem Handicap nach Stendal gekommen waren.
Jochen Jasinski, der bisher die Tabelle in der Klasse über 450m³, der S2, mit einer lupenreinen Siegesserie anführt, war nach einem schweren Sturz bei den Belgium Masters in der Woche zuvor noch angeschlagen, aber dennoch am Samstag morgen bester Laune und optimistisch, was seine zu erwartende Performance auf der Piste anbelangte.
Der Optik nach zu urteilen war Pavel Kejmar geradewegs aus dem Boxring nach Stendal angereist, dabei hatte er in der Woche zuvor lediglich sein Motorrad gegen ein Fahrrad ausgetauscht. Ergebnis dieser Unternehmung war ein blaues Auge, ein getapetes Augenlid und zahlreiche Schürfwunden, die sich unter einer dicken Lederkombi bestimmt besonders angenehm anfühlen.
Sport ist ja so gesund. Naja, die Bezeichnung `Fahrrad´ ist da vielleicht nur im weiteren Sinn der richtige Terminus, und wer Pavel schon mal auf der Rennstrecke gesehen hat, der kann sich auch vorstellen, dass es nicht ganz ein Sonntagsausflug war, bei dem er vom Rad gefallen ist.....

Michi Herrmann war in St. Wendel im freien Training so übel gestürzt, dass er seine Bekanntschaft mit dem örtlichen Krankenhauspersonal auffrischen durfte und in Folge dessen auf einen Start in den Rennen verzichten musste. Weitere Nullrunden wollte er aber nicht hinnehmen, und so war er in Stendal zwar noch nicht wieder ganz fit, aber auf jeden Fall startbereit.
Nach seiner `Schulter-Experience´ in St. Wendel war auch Danni Fuhrbach noch nicht ganz auf dem Damm, genau wie Steffen Schmid, der sich in der Woche zuvor beim Training ebenfalls auch mal kurz und zum wiederholten Mal die Schulter aus dem Gelenk gekugelt hatte.
Jan Deitenbach laborierte noch an den Nachwirkungen eines in Bulgarien zugezogenen Außenbandrisses, und Marc Gaillard war nach einem Bruch des Schlüsselbeins und damit verbundenen Aussetzers in St. Wendel in Stendal noch etwas lädiert. Kevin Würterle wollte angesichts dessen kein Spielverderber sein, und las rechtzeitig für Stendal noch eine schwere Erkältung auf.

Pah, Handicap, was ist das schon, das kann ich auch, mag Dirk Spaniol sich gedacht haben, und meldete im zweiten freien Training noch in letzter Sekunde für die Lazarettriege nach, als er Eingangs des Off Roads stürzte und sich dabei Kopf und Rippen recht übel anschlug.
Falls in dieser Aufzählung der ein oder andere Versehrtensportler nicht erwähnt wurde, so bitte ich um Nachsicht. Irgendwann verliert man einfach den Überblick, aber Nachnominierungen sind auf schriftlichem Antrag an RD-Foto.Net jederzeit möglich.
Im Verlauf der letzten Zeitnahmen hatte sich der Himmel zusehends zugezogen und der stärker werdende Wind ließ schon ahnen, dass die versprochene Gewitterfront sich langsam aber sicher in Richtung Stendal aufgemacht hatte. Noch vor Mitternacht krachte es denn auch gehörig, und was im ca. 20 km entfernten Tangermünde wie ein knapp halbstündiges Sommergewitter mit Hagel und anschließendem starken Regen aussah, entpuppte sich in einer schmalen Schneise zur Rennstrecke als ausgewachsenes Unwetter mit Sturmböen und sintflutartigem Regen, welches das halbe Fahrerlager unsanft aus den Betten warf.
Jene Teams, die das Pech hatten, in der ersten Reihe des Fahrerlagers direkt entlang der Rennstrecke ihre Zelte aufgeschlagen zu haben, versuchten im knöcheltiefen Wasser verzweifelt und teilweise vergeblich, Markisen, Pavillons und sonstiges Equipment davon abzuhalten, durch gewaltige Sturmböen davon geweht zu werden und unterwegs weiteren Schaden anzurichten.
Tatsächlich bot das Fahrerlager am Sonntagmorgen einen ungewohnt farblosen Eindruck, weil die bunten Zelte und Unterstände der Teams samt ihrem verbogenen Gestänge und zerfetzten Planen unbrauchbar irgendwo im Hintergrund deponiert worden waren.
Unbrauchbar war zunächst auch der Off Road Bereich, der deshalb für die Warm ups und die ersten Rennen des Tages gesperrt wurde, und erst zu den Rennen der beiden Königsklassen nach Mittag instandgesetzt war.
S2
Zu Beginn der Quali S2 fühlte sich Dirk Spaniol nach eigenem Bekunden, als `ob mich ein Bus überrollt hätte´, und um das Maß voll zu machen, rutschte Jochen Jasinski während der Qualifikation der S2 aus der langen Rechtskurve vor dem Tower und landete dabei schmerzhaft ausgerechnet auf der lädierten rechten Schulter. Dennoch schafften beide es an die Spitze der Startaufstellung -Pole für JJ, und zweite Startposition für Dirk- vor Jan Deitenbach, Kevin Würterle und Jean-Marc Gaillard.
Wer aufgrund JJ´s Sturz in Belgien für Stendal seinerseits auf eine Chance zum Sieg gehofft hatte, wurde enttäuscht: ungeachtet jeglicher Blessuren gewann Jochen Jasinski den Start des ersten Rennens deutlich, gefolgt von Jan Deitenbach und Jean-Marc Gaillard. Wie weiland Mauno Hermunen setzte JJ sich relativ schnell vom Rest des Fahrerfeldes ab, und überließ es seinen Verfolgern, sich um die Reste zu balgen. Jan Deitenbach versuchte, es ihm gleich zu tun, und fuhr seinerseits einen Vorsprung zu Gaillard heraus, der seinerseits von André Prehn und Kevin Würterle unter Druck gesetzt wurde. Gaillard konnte diesem nicht lange standhalten und verlor nach einer kleinen Unachtsamkeit gleich mehrere Plätze, und brachte Prehn damit unversehens auf die dritte Position. Kevin Würterle witterte seine Chance, setzte André gehörig unter Druck, zog wenig später, gefolgt von Dirk Spaniol, vorbei. Kurzzeitig kam er auf Angriffsnähe an Jan Deitenbach heran, musste sich aber dann den Angriffen Dirk Spaniols beugen und fiel nach einem kleinen Fehler auf die vierte Position zurück. In der vorletzten Runde erwischte Spaniol Jan Deitenbach, strauchelte aber kurz danach und bot sowohl Deitenbach als auch Würterle Gelegenheit, sich erneut an ihm vorbeizuschieben. Die Verfolgung seines Ex-Teamkollegen verlieh Dirk aber augenscheinlich Flügel, denn noch in der letzten Runde kämpfte er sich erneut auf die dritte Position und musste die weitere Verfolgung dann wegen Ende des Rennes aufgeben. Jochen Jasinski siegte mit deutlichem Vorsprung vor Jan Deitenbach und Dirk Spaniol.
Trotz seines guten Ergebnisses war Jan mit seiner Leistung nicht ganz zufrieden: „Im Training gestern konnte ich mein normales Renntempo fahren. Beim Start heute bin ich leider nicht ganz so gut weggekommen, konnte dann aber an Dirk und Kevin vorbei und die Tür zu machen. Zunächst konnte ich das Tempo vom Jochen locker mithalten, aber dann ist oben die Ampel wieder ausgefallen. Das ist für mich insofern ein Problem, weil ich wissen muss, wie ich mir das Rennen einteilen kann. Ich habe mich danach total verkrampft und war gar nicht mehr richtig bei der Sache, bis sie dann auf einmal hinter mir waren und gedrückt haben. Ein oder zweimal konnte ich die Tür noch zu machen, aber dann war Dirk vorbei. Glücklicherweise hat er sich dann verbremst, und ich mache sehr viele Meter im Off Road gut, so dass ich dann doch wieder auf den Zweiten kommen konnte. Die Platzierung ist super, ich bin der erste, der das alte Duo geknackt hat. Vom fahrerischen bin ich aber trotzdem nicht zufrieden, weil es ab Mitte des Rennens für mich so etwas wie ein Eiertanz war. Trotzdem bin ich über den zweiten Platz natürlich sehr glücklich.“
Dem Start des zweiten Rennens fügte Dirk Spaniol ein zusätzliches Spannungsmoment hinzu: ansonsten ein routinierter Startprofi hatte er den Start des ersten Rennens gründlich verpatzt, und lastete dies einer unzulänglichen Kupplung an. Flugs wurden deshalb zwischen den Läufen die Kupplungsscheiben gewechselt. Nachdem dies vollbracht war, stellte sich allerdings heraus, dass einige der Scheiben fehlerhaft waren und erneut ausgetauscht werden mussten. In nunmehr fliegender Hast machte man sich ans Werk, während Dirk, schon in Hut und Mantel, mit scharrenden Hufen danebenstand. Die Frist fürs Erscheinen in der Startaufstellung war um, als er den ersten Fuß auf die Rennstrecke setzte, und zähneknirschend nahm er seinen Platz auf der letzten Position des Starterfeldes ein.
Jochen Jasinski zog seinen Mitbewerbern im Handstreich davon, gefolgt von Jan Deitenbach , Kevin Würterle und Danni Fuhrbach. Würterle versuchte sein Glück von Beginn an bei Deitenbach, und diesmal gelang ihm schon in der zweiten Runde, woran er im ersten Rennen noch gescheitert war: Attacke und entlang der Gegengerade vorbei.
Für knapp die Hälfte des Rennens konnte sich Danni Fuhrbach auf der vierten Position halten, dann zog Jean-Marc Gaillard an ihm vorüber und nach einem Ausrutscher musste er alle Hoffnung auf einen Podestplatz begraben. André Prehn nahm seinen Platz ein, gefolgt von Dirk Spaniol, der sich von der unglücklichen letzten Startposition auf den sechsten Platz vorgekämpft hatte.
Der Oskar ging auch in diesem Rennen an Jochen Jasinski in seiner Rolle als Lonesome Rider, vor Kevin Würterle, und Jan Deitenbach.
Für Kevin Würterle war dies erst das zweite Podium überhaupt in der Profiklasse:
„Freiburg letztes Jahr war für mich etwas ganz besonderes, weil ich da zum allerersten Mal in der Profiklasse überhaupt auf dem Podium stand. Und dann auch noch gleich auf dem ersten Platz; das war schon toll. Heute habe ich auch ein bisschen Glück gehabt, dass der Dritte mich nicht mehr holen konnte. Ich habe gemerkt, dass er von hinten drückt, aber mehr Speed konnte ich nicht gehen, weil ich ziemlich erkältet bin. Im ersten Lauf hat´s nicht funktioniert, weil mir gegen Ende einfach die Puste ausging und Dirk Spaniol mir in der letzten Runde doch noch so gerade eben durchgerutscht ist. Deshalb bin ich umso glücklicher, dass es jetzt endlich geklappt hat.“
Nicht glücklich sah am Ende des Renntags definitiv Dirk Spaniol aus: „Für so ein ….wochenende ist das Ergebnis eigentlich noch ganz gut, aber ich fühle mich echt bescheiden. Ich bin gestern beim zweiten freien Training eingangs Off Road so blöd gestürzt, hab´mich vorwärts überschlagen, und bin so richtig schön eingesemmelt. Ich bin auf die Rippen gekracht, nehme auch an, dass ein oder zwei zumindest angeknackst sind, mir fällt das Atmen total schwer und ich glaube auch, dass ich eine Gehirnerschütterung habe. Mein Helm von gestern ist total eingerissen und ich habe einen richtigen Brummschädel. Im RTW haben sie einige Reaktionstests mit mir gemacht, weil ich nach dem Sturz erst einmal eine Weile dagelegen habe und nicht aufstehen konnte. Das lag aber daran, dass es mir beim Aufschlag komplett die Luft raus gehauen hat, und ich sehen musste, dass ich wieder Luft bekam. Jetzt im Moment fällt mir auch das Atmen noch etwas schwer, aber der Arzt hatte mir eigentlich grünes Licht für die Rennen gegeben. Es gibt bessere Bedingungen zum Rennen fahren, insofern bin ich noch ganz zufrieden mit dem Ergebnis.“
Nachdem er in dieser Saison bisher eine kleine Durststrecke hatte, scheint auch Alexander Köckritz -jetzt wieder mit vier Takten- neu durchstarten zu wollen. Den Zweitakter hat er vorerst an den Nagel gehängt: „Damit ein Zweitakter konkurrenzfähig ist, muss man sehr viel Zeit und -vor allem- Geld hineinstecken. Letztlich fehlt es der Kawa an Hubraum und somit an der Leistung. Im Moment ist mir das zu teuer, deshalb werde ich den Rest der Saison wieder mit einem Viertakter bestreiten.“ Für einen Platz unter den ersten Fünf hat es diesmal zwar noch nicht gereicht, aber bis Saisonende ist ja noch ein bisschen Zeit.
Mit solchen Problemen plagt sich Jochen Jasinski mit seinem Projekt Zweitakter offensichtlich nicht; beide sind ein gutes Team.
Sorgte im letzten Jahr noch der Podestplatz bei der Zweitaktpremiere für Überraschung, wäre man in diesem Jahr überrascht, wenn Jochen woanders zu finden wäre, als an der Spitze. Nach den Rennen in Stendal sorgte er jedoch für eine Überraschung der ganz anderen Sorte: nach beiden Zieldurchfahrten legte der sonst eher distinguierte Jochen Jasinski einen so lupenreinen Wheelie auf den Asphalt, das sich selbst Insider erstaunt die Augen rieben und sich fragten, ob sie da gerade eine Erscheinung hatten. Nein, es war keine Erscheinung, ihr habt richtig gesehen. Er kann´s und er hat´s wirklich getan...
S1
In der S1 ist Jürgen Künzel wohl der Pilot mit der meisten Rennerfahrung auf der Strecke in Stendal. Während er im letzten Jahr wegen anderweitiger Verpflichtungen beim Finale nicht antrat, fuhr Markus Class seinerzeit auf dieser Strecke den Tagessieg ein. Vorangegangen waren scharfe Konfrontationen mit dem Supercrosser und Off Road Spezialisten Pavel Kejmar, die auch im Nachhinein noch für einigen Diskussionsstoff sorgten und nach wie vor nicht aus der Welt geräumt zu sein scheinen, denn diese waren es zumindest „wert“ im offiziellen Programmheft erwähnt zu werden.
Zum Renntag in Stendal führte Markus Class die Tabelle mit 16 Punkten vor Jürgen Künzel an. Pavel Kejmar folgte auf dem dritten Rang mit 111 Punkten, die -wäre man abergläubisch- schon fast als böses Omen zu deuten gewesen sein könnten.
Die Qualifikation entschied Markus Class für sich, vor Pavel Kejmar und Jürgen Künzel. Insofern was schon allein aufgrund der Startaufstellung Nervenkitzel pur zu erwarten.
Den Start des ersten Rennens konnte Markus für sich entscheiden, Pavel Kejmar, Markus Volz, Jürgen Künzel und Michi Herrman dahinter. Bereits bei der ersten Durchfahrt des Off Roads attackierte Kejmar bei der Anfahrt zum letzten Table, und so mancher erinnerte sich dabei an ähnliche Szenen aus dem Vorjahr. Markus Volz hatte die Gelegenheit genutzt, sich ebenfalls an dem jungen Wormser vorbei und hinter seinen Teamkollegen Kejmar zu schieben. Markus Class folgte auf der dritten Position vor Jürgen Künzel und Michi Herrmann. So leicht wollte Class sich allerdings nicht abservieren lassen, und machte sich sofort an die Verfolgung der beiden Fahrer an der Spitze. In der vierten Runde sprang er im Off Road spektakulär an Markus Volz vorbei um Kejmar direkt zu konfrontieren.
Zwischenzeitlich hatte Michi Herrmann einen Angriff auf Jürgen Künzel gestartet, der im Verlauf dessen zu Boden ging und sich erst auf der 10. Position wieder einreihen konnte.
Markus Class verbissene Verfolgungsjagd trug indessen Früchte, und in der achten Runde setzte er schließlich alles auf eine Karte. In der Gegengerade zu Start/Ziel setzte er sich neben Kejmar und versuchte, außen in der langen Rechts zu überholen. Kejmar ließ sich allerdings nicht bange machen, blieb auf seiner inneren Linie und ging auch nicht vom Gas. Markus Class hatte sich verzockt, ging spektakulär zu Boden und beendete das Rennen als 16. Nach dem Rennen legte er Protest gegen das aus seiner Sicht unfaire Manöver im Off-Road seines Konkurrenten ein, der von der Rennleitung allerdings abgelehnt wurde.
Die missglückte Aktion von Markus Class brachte Markus Volz auf die zweite Position vor Michi Herrmann und Maik Voorwinden.
Jürgen Künzel, der sich inzwischen schon wieder auf die siebte Position vorgearbeitet hatte, flog in der zwölften Runde erneut ab, und stand zunächst nicht wieder auf. Er musste von der Strecke geborgen werden, woraufhin das Rennen abgebrochen und mit dem Stand der 10. Runde gewertet wurde. Pavel Kejmar trug damit den Sieg für dieses Rennen davon, Markus Volz und Michi Herrmann konnte sich über die Punkte für die Plätze zwei und drei freuen.
„Nachdem ich in St. Wendel verletzungsbedingt keine Punkte holen konnte, freue ich mich natürlich über das Ergebnis. Ich spüre zwar immer noch ein bisschen die Nachwirkungen aus St. Wendel, aber die fahrerische Leistung wird dadurch meines Erachtens nicht beeinträchtigt. Im Prinzip habe ich mir dort nur Prellungen und eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen. Mir ist im Anlieger dort das Hinterrad zu hoch geraten und ich bin über den Anlieger weggerutscht. Ich bin dann über den Lenker geflogen, hab mir dabei die Oberschenkel geprellt und bin dann kopfüber gegen den Absprung vom Sprung, hab das Motorrad dann ins Genick bekommen und bin in Folge dessen dann nochmal mit dem Gesicht gegen den Anlieger geknallt. Irgendwann sind dann einfach die Lichter ausgegangen. Das ganze hat mir einige Sitzungen beim Chiropraktiker eingebracht, aber jetzt geht’s wieder einigermaßen. Mit dem Ergebnis heute bin ich sehr zufrieden; ich habe gemerkt, dass ich von der Geschwindigkeit wieder in der Spitze mitfahren kann, und das war mir wichtig. Das ich dann auch noch gleich aufs Podium fahre, freut mich natürlich, auch wenn es schade ist, dass das durch einen Sturz zustande kam.“
Markus Volz, der zuletzt so etwas wie eine Pechsträhne durchleben musste, konnte die Dinge auch wieder positiver sehen: „Nachdem ich aufgrund von Protesten in der letzten Zeit zweimal um fünf Plätze zurückgestuft wurde, bin ich über die gute Platzierung sehr froh. Ich hatte mir für heute einen Podiumsplatz schon zum Ziel gesetzt, und von Startplatz fünf auf die zweite Position zu fahren, das ist ein schöner Erfolg.“
Nach dem Verlauf des ersten Rennens war die Missstimmung zwischen Markus Class und Pavel Kejmar beim Start des zweiten Laufs beinahe körperlich spürbar. Class gelang erneut der beste Start, vor Pavel Kejmar und Jürgen Künzel, der sich dank der Errungenschaften der modernen Pharmaindustrie wider Erwarten am zweiten Lauf versuchen wollte. Class fuhr als erster in den Off Road ein, wollte Kejmar diesmal keinen Angriffspunkt bieten und wählte die Innenlinie. Kejmar blieb außen, zog an Class vorbei und übernahm damit erneut die Führung, die Class um jeden Preis zurück wollte. In der dritten Runde kollidierten beide, als er Kejmar an der Schikane vor dem Off Road ins Heck knallte und sich beide Motorräder dabei ineinander verkeilten. Jürgen Künzel übernahm die Führung, und während Pavel Kejmar relativ schnell wieder auf der Strecke war, hatte sich Markus Class bei der Aktion offensichtlich verletzt und musste von der Strecke geborgen werden. Nachdem Morten Hagemann ebenfalls kurz vorher gestürzt war und auf den Bergungstrupp wartete, wurde das Rennen in der fünften Runde abgebrochen. Besonders ärgerlich auch für Jürgen Künzel, der zu dem Zeitpunkt deutlich in Führung lag und kein bisschen absehen konnte, wie lange sein Adrenalinspiegel den verletzten Fuß noch würde in Schach halten können.
 Nach gefühlten Ewigkeiten -es musste erst die Rückkehr des RTW`s abgewartet werden, der Markus Class zur Kontrolle ins Krankenhaus brachte- wurde das Rennen neu gestartet, allerdings ohne Markus Class. Den Start gewann Pavel Kejmar, vor Jürgen Künzel und Maik Voorwinden. In der zweiten Runde übernahm JK die Führung, hielt sich dort bis ungefähr der Hälfte des Rennens und konnte dabei einen deutlichen Abstand zum Verfolgerfeld herausfahren. In der siebten Runde schließlich stürzte er an eben der Stelle, an der er vorher Pavel Kejmar in seine Schranken gewiesen hatte und reihte sich als Fünfter wieder ein. Michi Herrmann hatte sich inzwischen an Maik Voorwinden vorbei geschoben und übernahm nach Künzels Sturz die zweite Position. Markus Volz hatte es Michi gleichgetan, und setzte sich vor Voorwinden auf die dritte Position. Pavel Kejmar gewann den endgültig letzten zweiten Lauf vor Michi Herrmann und Markus Volz. Maik Voorwinden wurde Vierter, Jürgen Künzel erreichte immerhin noch die fünfte Position und sicherte sich damit weiterhin Chancen auf den Meistertitel:
„Es war natürlich ein bisschen schade, dass ich im zweiten Lauf nochmal gestürzt bin, aber ich bin trotzdem sehr froh über die Punkte, die ich trotz allem noch geholt habe. Nach dem ersten Lauf habe ich gedacht, es geht überhaupt nicht, und deshalb freue ich mich natürlich über jeden Punkt.“
Inzwischen steht fest, dass der Fuß in allen Farben des Regenbogens schillert und erheblich angeschwollen, aber wenigstens nicht gebrochen ist. Inwieweit die Bänder in Mitleidenschaft gezogen worden sind, bleibt noch abzuwarten.
 Rundum zufrieden mit seinem Ergebnis war Michi Herrmann: „Mit einem zweiten Platz habe ich eigentlich nicht gerechnet. Jürgen war mit Abstand der schnellste in diesem Lauf, und da kann ich eigentlich nur von `Glück´ reden, dass er weggerutscht ist und ich dadurch auf die zweite Position vorrücken konnte. Zum Schluss hatte ich kleinere technische Probleme, aber das hat sich auf das Ergebnis glücklicherweise nicht ausgewirkt. Für mich ist das Motorrad noch relativ neu, und nachdem ich wegen meiner Arbeit im Moment so gut wie nicht trainieren kann, nutzen wir quasi die Rennen als Trainingsmöglichkeit. So gesehen ist das Ergebnis dieses Wochenendes also durchaus zufriedenstellend.“
Trotz aller Diskussionen und verwegener Optik machte Pavel Kejmar einen zufriedenen Eindruck: „Ich bin am Donnerstag abend mit dem BMX Bike gestürzt, natürlich ohne Helm und T-Shirt, danach ins Krankenhaus und ich habe den Arzt so oft gefragt, bis er mir das Okay gegeben hat, heute zu starten. Ich fühle mich zwar nicht ganz so toll, weil ich unter der Kombi total aufgeschürft bin, deshalb freue ich mich besonders, dass ich gewonnen habe. Ich weis, dass Markus Class total sauer auf mich ist, aber eigentlich verstehe ich das nicht wirklich. Klar, er will den Titel, aber das will ja schließlich jeder. Er hat versucht, mich zu überholen, und das hat nicht funktioniert. Das er jetzt verletzt ist, tut mir natürlich leid, aber so etwas passiert nun mal in diesem Sport. Ich finde auch nicht, dass ich zu hart fahre; ich komme aus dem Supercross, da ist sowas ganz normal. Vielleicht ist das beim Supermoto anders, allerdings ist Supermoto eine Mischung aus Supercross, Motocross und Asphalt, und warum sollte man die Elemente der einzelnen Sportarten dann nicht auch mischen? Ich fahre im Off Road etwas härter, so wie das im Supercross üblich ist, aber auf dem Asphalt fahre ich nicht hart. Insofern kann ich die ganze Aufregung nicht wirklich nachvollziehen. Bei Mauno Hermunen gab es diese Diskussionen nicht, weil er schneller war als ich, und deshalb auch weniger Konfrontationen mit anderen Fahrern hatte.“
Ob fair oder unfair hat oft etwas mit persönlicher Empfindung zu tun und kann vom Rand der Rennstrecke nicht wirklich beurteilt werden. Tatsache ist aber auch, dass es darüber im Fahrerlager durchaus unterschiedliche Meinungen gibt. Regelwidriges Verhalten sollte selbstverständlich geahndet werden, wenn es denn vorhanden und nachgewiesen werden kann. Getreu der in Großenhain fast schon exzessiv praktizierten Devise `Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser´ hätte man an neuralgischen Punkten -eben an dieser Spitzkehre am Ende des Off-Roads- der Strecke Marshalls postieren müssen, um eine offizielle Lesweise des Geschehens zu erhalten und ggfs. Konsequenzen folgen zu lassen. Aber ob es einer Sache dienlich sein kann, bestimmte Verhaltens- oder besser Fahrweisen zwar allen Ortes -auch von „offizieller“ Seite- zu betonen, ohne das diese von offizieller Seite dann auch durch Kontrollen belegt oder widerlegt zu werden, sei dahingestellt.

Inzwischen steht fest, dass Markus Class sich glücklicherweise keine ernsthaften Verletzungen zugezogen hat. Der 16. Platz im ersten sowie die Nullrunde im zweiten Lauf haben ihn allerdings im Kampf um die Meisterschaft mit einem Abstand von18 Punkten zur Tabellenspitze auf die dritte Position zurückgeworfen. Schade.
Wenig glücklich mit dem Verlauf des Wochenendes war auch Steffen Schmid, der eigentlich sehr optimistisch in die Saison gestartet war. Am Wochenende vor Stendal hatte er sich beim MX zum wiederholten Mal ohne nennenswerten Anlass die Schulter ausgekugelt. Zudem trat er in Stendal erstmals mit seinen neuen Golden Tyres an, und hatte offensichtlich beim Set-Up große Schwierigkeiten, sich an die Umstellung zu gewöhnen. Ergebnis war ein ungünstiger 12. Startplatz, den er in den Rennen letztlich auch nicht verbessern konnte. Das Fazit aus diesem Wochenende fasst er kurz und knapp zusammen: „Mit meiner fahrerischen Leistung bin ich zufrieden. Jetzt müssen wir das mit den Reifen besser in Griff bekommen und etwas mehr Grip finden. Nächste Woche werden wir zu meinem zweiten WM-Lauf nach Kroatien fahren und ich bin gespannt wie es dort laufen wird.“ Inzwischen steht fest, dass es für Steffen bei der WM überhaupt nicht gelaufen ist. Vor dem ersten Rennen sprang in der Einführungsrunde erneut seine Schulter aus dem Gelenk, so dass er aus ärztlicher Sicht zu den Rennen nicht starten konnte. Jetzt steht für ihn erst einmal Ursachenforschung und die Regenaration der Schulter an erster Stelle. "
" Es ist schon hart wenn Du ohne einen Sturz zu haben den Arm auskugelst und aufgeben musst. Diese Situation hatte ich vor 3 Wochen beim MX fahren schon einmal, als ich nach einem Sprung bei der Landung den Arm ausgekugelt hatte. Da dachte ich, dass ich das mit einer Bandage über die Saison bringe und mich dann behandeln lasse. Aber es macht keinen Sinn mehr weiter zu fahren; ich muss das nun behandeln lassen und mich vollständig regenerieren, um mich anschliessend wieder auf 2013 vorzubereiten." begründete Steffen seinen vorzeitigen Ausstieg aus der Saison. Drücken wir ihm die Daumen, dass er dieses Jahr vollständig wieder fit wird und die Supermoto IDM in 2013 wieder bereichert.
Am Rande und der Vollständigkeit sei hier noch vermerkt, dass auch im Supermoto die Geschichte mit dem „Aller `guten´ Dinge sind Drei“ ihre Berechtigung hat; zumindest was das Team Michelin Reifenwerke anbelangt. Markus Rutz, der aussichtsreichste Kandidat für den zweiten Platz in der C2 Klasse, schrieb sich als Dritter vom Team Michelin Reifenwerke in die Lazarettelist ein. Mit einem Highsider verabschiedete sich Markus aus dem Rennen, direkte Kühlung des Kahnbeines brachte nur kurzzeitig Linderung, Frohsinn half auch nur wenig, und Besserung brachte letztlich nur eine OP, bei der einer stabilisierende Schraube eingesetzt wurde. Es ist mehr als fraglich, ob Markus auf dem Harzring am 11.08.2012 -12.08.2012 wieder am Start sein wird.
In der anstehenden Sommerpause können sich die Fahrer nun Zeit nehmen, ihre Blessuren auszukurieren, ein wenig zu relaxen und sich auf die letzten drei Renntage dieser Saison vorzubereiten. Von hier aus auf jeden Fall gute Besserung an alle.
Anfang August geht es dann nicht in Riesa sondern auf dem Harzring weiter, und es steht zu hoffen, dass bis dahin alle Fahrer wieder fit sind und sich die Köpfe soweit wieder abgekühlt haben, dass der Endspurt mit gewohntem Kampfgeist und der notwendigen Portion Gelassenheit angegangen werden kann.
Ich hoffe, Ihr hattet ein wenig Freude beim lesen über die Supermoto IDM / DM vom 30.06.2012 bis 01.07.2012 auf dem Flugplatz Stendal Borstel und freut Euch auch über das kommende Supermoto Festival auf dem Harzring am 11.08.2012 und 12.08.2012.
 
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