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Jochen Jasinski: seine Beziehung zum Zweitakter, warum er seine Karriere beendet und wer seine Nachfolge im `Projekt Zweitakter´ antritt

Mit dem großen Finale am 15. und 16. September im Gewerbepark Breisgau bei Freiburg schloss die Internationale Deutsche Supermotomeisterschaft für dieses Jahr ihre Pforten.
Für ein Urgestein der internationalen Supermotoszene, nämlich Jochen Jasinski, war das Saisonende in diesem Jahr ein Wochenende der gemischten Gefühle. Bereits zum Saisonstart hatte er verkündet, dass dies definitiv seine letzte Saison als aktiver Rennfahrer sein würde.


Den Titel des Deutschen Meisters hatte er sich schon am vorletzten Renntag in Harsewinkel gesichert, und damit sein in der letzten Saison ins Leben gerufenes und in der Szene überwiegend müde belächeltes `Projekt Zweitakter´zu einem mehr als erfolgreichen Abschluss geführt.
Jasinski hat sich in der Supermotogemeinde über die Jahre den Ruf eines zwar geradlinigen, aber durchaus nicht unkomplizierten Mannes erarbeitet, der „manchmal“ lieber gegen als mit dem Strom geschwommen ist, und dem es dabei herzlich egal ist, was andere davon halten.
Als Husaberg für die Saison 2011 einen entsprechenden Zweitakter auflegte, war deshalb niemand ernsthaft verwundert, das ausgerechnet Jochen Jasinski es sich auf die Fahnen geschrieben hatte, dieser im Supermoto längst totgesagten Technik zu neuer Ehre zu verhelfen. Von Beginn an war er felsenfest davon überzeugt, mit diesem Motorrad in der Klasse S2 den Meistertitel erreichen zu können.
Allen Spöttern zum Trotz bewies er in dieser Saison mit einer lückenlosen Siegesserie, dass er Recht hatte: der Zweitakter ist in dieser Klasse eine vollwertige und absolut konkurrenzfähige Rennmaschine. Er sicherte sich in dieser Saison jede Pole und gewann jedes Rennen souverän. In Freiburg machte er seine makellose Serie voll und zeigte als erster Fahrer seit 1999 eindrucksvoll, dass der Zweitakter in dieser Klasse nicht nur konkurrenzfähig, sondern sogar konkurrenzlos sein kann, wenn man es denn richtig anstellt.
Mit seinen 42 Lenzen zählt Jasinski zu den dienstältesten Supermotopiloten und hat - zusammen mit seinem Kumpel Dirk Spaniol - den jungen Hüpfern in dieser Saison nochmal so richtig gezeigt, wo der Hammer hängt. Es ist das dritte Mal in JJ´s Karriere, dass er den Meistertitel trägt, und einen besseren Augenblick, seine Karriere zu beenden, kann man sich eigentlich nicht wünschen. Wenn dieser Augenblick dann aber beim Finale schließlich gekommen ist, blickt man dennoch voller Wehmut zurück und wundert sich, wie schnell die Saison vorüber war.
Grund genug, den amtierenden Internationalen Deutschen Meister in der Klasse S2 noch einmal zu Wort kommen zu lassen:
RD: Jochen, wie ist die Saison 2012 aus deiner Sicht gelaufen:
JJ: Tja, was soll ich sagen? Die Saison war einfach perfekt. Mein erstes Ziel in diesem Jahr war der Meistertitel. Als es dann im Lauf der Saison doch so gut gelaufen ist, dachte ich mir, dass es eigentlich schön wäre, den Titel mit einer Siegesserie einzufahren. Wenn am Ende der Saison dann alles geklappt hat, wie man es sich vorgestellt hat, dann hat man rein gar keinen Grund, sich über irgendwas zu beschweren.
RD: Am vorletzten Renntag in Harsewinkel sah es kurz danach aus, dass die Serie abreißen könnte...
JJ: Stimmt. Der erste Lauf war ja okay, aber im zweiten Lauf bin ich gleich in der ersten Runde völlig unnötig gestürzt und musste vom letzten Platz aufholen. Das ich gleich in der nächsten Runde an der gleichen Stelle nochmal gestürzt bin, ist schon fast peinlich.
RD: Was treibt einen Rennfahrer an, wenn er nach dem zweiten Sturz im Rennen auf eigentlich aussichtsloser Position das Feld von hinten aufrollen muss?
JJ: Hmm, schwierig. Zunächst ging mir nur durch den Kopf, dass ich Top-Drei sein müsste wenn Dirk ( Spaniol ) gewinnt, um den Meistertitel zu sichern. Als ich dann sah, dass Dirk auch gestürzt war, gleichzeitig aber den Punktevorsprung zu Jan Deitenbach nicht mehr im Kopf hatte, wollte ich sicherheitshalber möglichst weit nach vorne kommen. Im nächsten Moment dachte ich, dass jetzt meine schöne Serie kaputt ist, naja, und dann setzt man sich eben Ziele, und das war in dem Fall eben ein Fahrer nach dem anderen. Dass ich tatsächlich noch gewinnen könnte, damit habe ich allerdings selber nicht gerechnet.
RD: Du hast in der Vergangenheit ja schon öfter mit dem Gedanken gespielt, den Helm an den Nagel zu hängen, aber letztlich siegte dann doch immer die Leidenschaft für den Rennsport. Was macht dich diesmal so sicher, dass es dich nicht wieder auf die Rennstrecke zurück zieht?
JJ: Zum einen ist es natürlich schön, sich als amtierender Meister in den `Ruhestand´ zu verabschieden; besser kann´s ja nicht mehr werden. Zum anderen hat meiner schwerer Sturz in Bilstain/Belgien im Sommer mir einen Teil der Entscheidung abgenommen. Ich habe mir dabei die Rotatorenmanschette abgerissen, und kann seitdem den rechten Arm nicht mehr anheben. Ziehen und drücken geht, aber ich kriege ihn eben nicht mehr hoch ( grinst... ). Ich weiß ja nicht, ob´s am Alter liegt, jedenfalls werden in den nächsten Wochen die entsprechenden Voruntersuchungen gemacht, und die Ergebnisse werden dann zeigen, ob das Problem mit einer OP behoben werden kann. Allerdings denkt man mit 42 auch langsam darüber nach, wie viele Sturzverletzungen man sich überhaupt noch leisten kann, wenn man die restliche Hälfte seines Lebens noch einigermaßen beweglich bleiben will. Insofern steht mein Entschluss fest, 2012 ist das letzte Jahr als aktiver Fahrer. Eigentlich wollte ich beim Superbiker in Mettet nicht starten, aber mein Team hat mich zwei zu eins überstimmt (lächelnd). Insofern ist nach Mettet definitiv Schluss.
RD: Nachdem du dem Zweitakter in diesem Jahr mit viel Herzblut zu einem eindrucksvollen Comeback verholfen hast, kann man sich nur schwer vorstellen, dass du ihn jetzt wieder in der Mottenkiste verschwinden lassen wirst. Gibt es in der Richtung schon konkrete Pläne?
JJ: „Jaaaaaaa..., schad´ wär´s natürlich schon....Jahrelang waren die Leute der Meinung, ein Zweitakter geht nicht. Jetzt ist das Interesse wieder da, und da könnte ich mir schon vorstellen, dass ich das Motorrad an jemand anderes weitergebe. Wenn es dazu kommt, wird es aber auf jeden Fall ein mindestens gleichwertiger Nachfolger sein. Mit ein oder zwei Fahrern habe ich auch schon gesprochen, aber mehr will ich dazu im Moment noch nicht sagen.“
Dieses Gespräch führte ich mit Jochen direkt nach dem Finale in Freiburg. Inzwischen sind schon wieder einige Wochen ins Land gegangen, und seit der Intermot in Köln haben alle Spekulationen nun endlich ein Ende:
Aus 13 wird 111.
Markus Class wird in der nächsten Saison der ehemals wilden Dreizehn eine andere Nummernplatte anheften und mit ihr in der Klasse S2 für die Michelin Reifenwerke an den Start gehen.
Markus hat in dieser Saison nur knapp den Titel des Internationalen Deutschen Meisters in der S1 verpasst, und freut sich auf die neue Herausforderung:
„Klar wäre ich dieses Jahr gerne Deutscher Meister in der S1 geworden, aber es sollte eben nicht sein. Der Zweitakter ist nach wie vor ein Exot in den S-Klassen, wer weiß, wie lange es die S2 in der IDM noch geben wird, und das von Jochen geschnürte Paket war von Anfang an sehr verlockend für mich: er stellt mir zwei Motorräder sowie seine technische Unterstützung bei den Rennen zur Verfügung. Zudem kennen wir uns gut, wir haben in der Vergangenheit oft gemeinsam trainiert, und ich schätze Jochens Professionalität. Ich kann mich zu 100% auf ihn verlassen, und auch wenn es an Rennwochenenden eng wird, geht er die Dinge immer mit einer Ruhe an, die sich auf andere überträgt. In dieser Saison ist es mir manchmal nicht gelungen, den Kopf für die Rennen völlig frei zu bekommen, und ich denke, dass wird sich mit Jochens Unterstützung in der nächsten Saison ändern. Die ersten Tests haben wir schon hinter uns, und nachdem es mit dem Motorrad für mich auf Anhieb sehr gut geklappt hat, war die Entscheidung für mich schließlich nicht schwer. Wir werden das Bike den Winter über weiter auf meine Fahrweise hin optimieren, und ich bin mir sicher, dass wir in der nächsten Saison damit erfolgreich sein werden. Nach nun 6 Jahren Suzuki freue ich mich darauf, etwas neues auszuprobieren, und die S1 läuft mir ja schließlich auch nicht weg..“
Der Aufstieg des Zweitakters in der Supermoto IDM / DM wird also mit den Protagonisten Husaberg, MH Motorräder und Michelin auch in 2013 seine Fortsetzung finden; lediglich der Hauptdarsteller, oder besser, der „Frontmann“ wird sich ändern. Die ersten Tests waren indes so vielversprechend, dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass JJ sein nach dem Finale gegebenes Versprechen gehalten hat: einen mindestens gleichwertigen Nachfolger für `Two-Stroke Reloaded, The Next Generation´ zu finden.

 
 
RD Foto: Fotos und Mehr.........., Alles um Motorräder, speziell Supermoto, Supermotard, MotoCross und Superbike